Browser-News
Was passiert in der Browser-Szene?
NETSCAPE als „Marke” ist aus dem Rennen – aber mit Bedacht. Der Stab wurde sozusagen an die Mozilla-Foundation weitergereicht, aus strategischen Gründen – die breite Masse verbindet mit dem Namen Netscape leider Gottes nur noch den Dino Navigator 4.x, ergo: schlechtes Image.
So geht auch MOZILLA neue Wege: Die Mozilla-Suite (Browser, Mail, News, Composer) ist derzeit als komplettes Paket erhältlich. In Zukunft wird jedes Modul dieser Suite als eigenständiges Programm weiterentwickelt, um den Code schlank zu halten und Anwendern die Wahl der benötigten Komponenten zu überlassen – sehr zur Freude eben dieser Anwender, die nun keine 30 Mb-Pakete mehr laden müssen, von denen sie 25 Mb vielleicht gar nicht wollen oder brauchen.
Der Browser zum Beispiel heißt nun „Mozilla Firefox” und ist bereits als stabile Vollversion erhältlich.
Die Mozilla-Produkte werden in Zukunft auch als Endanwender-Produkte konzipiert und bleiben weiterhin cross-Plattform-kompatibel (Win, Mac, Linux, BSx). Die Rendering-Engine basiert auf dem 'Gecko'-Code.
Auf der MAC-Plattform gibt es ebenfalls neue Entwicklungen. MSIE/Mac wird laut Aussage von Microsoft nicht weiterentwickelt. Eventuell soll noch ein MSN-Browser basierend auf IE6 folgen, dieser würde aber nicht mehr kostenlos sein.
In seine Fußstapfen tritt der (allen Berichten zufolge sehr gute) Browser SAFARI und wird in Zukunft der Standardbrowser für Macs sein (im SW-Paket enthalten). Über eine Portierung nach Windows und Linux wird zwar gemunkelt, wohl eher spekulativ – ob sich Mac einen neuen „Krieg” mit MS liefern will, bleibt unwahrscheinlich. Safari basiert auf dem plattformübergreifenden Opensource-Code (WebKit) aus dem KDE-Projekt.
Als Alternativen stehen den Mac-Anwendern natürlich weiterhin Mozilla und Derivate sowie Opera zur Verfügung.
Auf der LINUX-Plattform bleibt es weiterhin spannend. Der „Konqueror” versucht sich zu etablieren, muß sich aber anstrengen, wenn er gegen Mozilla oder Opera mithalten will. Entwicklung ist eher achterbahn-mäßig, neue Versionen sind oftmals 'buggy' und träge – aber auf jeden Fall ein Browser, den man im Auge behalten sollte.
Auch Linux-Anwendern stehen Mozilla und Derivate sowie Opera zur Verfügung.
Nun zur Windows-Plattform und zum IE – folgendes Bild läßt sich zeichnen: Die Entwicklung des IE steckt in einer Sackgasse – die aktuelle Browser-Engine läßt sich kaum noch weiterentwickeln. Das liegt an der tiefen Verstrickung des Browsers im Betriebssystem. In anderen Worten – um den Browser weiter zu entwickeln, muß das unterliegende Betriebssystem weiterentwickelt werden. Am Nachfolger von XP wird zwar schon gearbeitet, aber die Einführung ist für irgendwann 2005/2006 geplant, dh.:
- Eine neue Version des IE gibt es nicht vor 2005/2006;
- die 'Integration' ins Betriebssystem wird nicht aufgelöst sondern eher verstärkt;
- es wird keine Standalone-Version mehr geben (heißt: das Browser-Update ist abhängig vom Kauf des neuen Betriebssystems) – das macht diesen Browser in Zukunft sehr teuer, während gute Browser wie Mozilla, Firefox und Opera kostenlos erhältlich sind;
- der „neue” wird die übliche MS-Bananensoftware sein (heißt: erst nach 'Servicepack 4' und dem x-ten 'Securitypatch' wird man eine einigermaßen stabile Software haben;
- bis er flächendeckend verbreitet ist, dauert weitere zwei bis drei Jahre.
Zu der Tatsache, daß die Entwicklung des IE zwischen ca. 2001 und 2005 'stillsteht' kommt hinzu, daß künftige Versionen sehr teuer sein werden und daß die Heirat mit dem Betriebssystem nicht aufgelöst, sondern noch mehr vertieft wird, der IE also nur unter der ständig neuesten Windows-Version handhabbar sein wird. Auf anderen Plattformen wird er keine Rolle mehr spielen – das zeichnet sich auch für neue Märkte wie Handhelds, PDAs etc. ab, also mobile Geräte – ein Markt, auf dem übrigens das „Symbian”-System eine immer größere Rolle spielt (-> Browser: Opera).
Betrachtet man den IE kritisch, fällt folgendes auf: Eigentlich ist dieser Browser schon seit zwei oder drei Jahren stagniert – die Architektur von Internet Explorer Version 6 stammt von August 2001 – denn es gibt seitdem keine wirklich neuen Funktionalitäten im IE, nur 'bugfixes' und 'Kosmetik'.
Neuesten Berichten zufolge wird es nun doch eine vorgezogene Version des IE7 geben (also vor der Ausgabe des neuen Windows Longhorn). Angekündigt wurde diese Version für den Sommer diesen Jahres. Schaun mer mal ... angekündigt hat MS schon viel – mittlerweile ist der Sommer vorbei und außer einer wackligen Beta haben wir noch nix gesehen.
Und natürlich bleibt zu hinterfragen, was damit bezweckt wird. Offensichtlich ist der Erfolgszug des Firefox (und anderer Browser) den Machern aus Redmont doch etwas unheimlich. Aber werden sie den IE7 deshalb wirklich besser machen? Reagieren sie nur auf eine "Bedrohung" oder übernehmen sie endlich eine pro-aktive, verantwortliche Haltung in Bezug auf Browser-Entwicklung?
Meine persönliche Meinung: Nein, tun sie nicht. Wenn ich die Ankündigungen richtig lese, wird es den IE7 nur für XP aufwärts geben. Das ist eine Marketing-Farce, die allen die Pistole auf die Brust setzt, die noch nicht zu XP gewechselt haben. In erster Linie gilt das natürlich für Entwickler, da der "Neue" garantiert genügend "neue Features" (und "Macken") haben wird, daß man um eine Erweiterung der Browser-Test-Palette gar nicht herumkommt.
Diese neue Strategie sagt bestenfalls: Willst Du unseren besseren Browser, dann kauf' gefälligst unsere neueste Software ... Kurios, daß die Konkurrenz scheinbar kein Problem damit hat, ihre Browser für multiple Betriebssysteme zu entwickeln, noch dazu kostenlos (für den Endanwender).
Browser wie Mozilla und Opera legen aber beständig nach – von 'Tabbed Browsing' über ständig erweiterte Sicherheitsmaßnahmen über immer besseren CSS- und DOM-Support, Accessibility-Hilfen, vollständige Skalierung, Meta-Navigation, integriertes Pop-Up-Blocking, 'skin'-Fähigkeit und vieles mehr, ohne die extreme Belastung der Rechner-Ressourcen und unabhängig vom Betriebssystem. Auf eine vollständige Liste aller Verbesserungen verzichte ich an dieser Stelle, sie würde zu sehr ins technische abgleiten.
Irgendwie 'poetic justice' – den IE ereilt das Schicksal des Netscape 4x. Er wird zu einem Browser-Dinosaurier (auch der NN4 hatte ein ähnliches Problem, eine nicht mehr erweiterbare Rendering Engine, was zum Design der 'Gecko'-Engine führte).
Bei aller Freude über die positiven Entwicklungen der 'Browser-Landschaft' – das Ende der 'Durststrecke' ist noch längst nicht abzusehen. Die Entwickler von Web-Inhalten und auch die Benutzer von assistiven Technologien (die häufig den MSIE voraussetzen) werden sich die nächsten vier bis fünf Jahre mit dem (unverändert) kaputten IE 5/6/7 herumärgern müssen.
Auf der guten Seite: Entwickler werden zunehmend in der Lage sein, mit 'Funktionalität' zu argumentieren (zum Beispiel gegenüber Kunden, aber auch Schülern und generell Lernbegierigen), dh. sie können von der Argumentations-Schiene „Standards und Kompatibilität” weg – eine Schiene, die den Endanwender wenig berührt. Ihn interessiert nur, ob die Seite 'funktioniert', egal mit welchem Browser oder Betriebssystem er sie angesteuert hat.
Die Schiene 'Funktionalität' tangiert ihn aber sehr wohl, da er sie sehen, begreifen und benutzen kann. Ein gutes Beispiel: Tabbed Browsing – eine Studie in den USA hat gezeigt, daß 'schlichte' Anwender, denen man das Kozept vorgeführt hat, nie wieder ohne Tabs browsen wollten.
Heute liegt der 'Vorführ'-Effekt darin, daß man zum Beispiel einem Kunden zeigt, „schau mal, wenn ich modernen Code schreibe, sieht es in (fast) allen Browsern so aus – im NN 4x aber so” ... was dazu führte, daß der NN 4x heute natürlich weiterhin les- und navigierbare Dokumente vorgesetzt bekommt, aber in zunehmendem Maße nicht mehr mit einem (eigenen) 'Layout' bedient wird.
Vielleicht wäre es ja smart, in Zukunft dieselbe Strategie auf den IE anzuwenden – sachte, aber beharrlich. Statt Code immer wieder umzubiegen, damit er im kaputten IE „richtig” angezeigt wird, die Schwächen der IE-Darstellung aufzuzeigen – und nebenbei auch gleich die hervorragenden Funktionalitäten moderner Browser vorzuführen, Funktionalitäten, die der IE einfach nicht zu bieten hat. Und in den nächsten Jahren auch nicht bieten wird – gegenüber einer Browser-Landschaft, die sich stetig weiter entwickelt.
Soweit meine ganz persönlichen Gedanken zum Stand der Dinge. Vielleicht kommt ja auch alles ganz anders – vielleicht kauft Microsoft die 'Gecko'-Engine und die Mozilla-Foundation gleich dazu, um sich aus der selber eingebrockten Misere zu befreien ;o))
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